EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Gebärmutterhalskrebs\" am 08.09.2011
Was sind Humane Papillomviren (HPV)?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Humane Papillomviren, kurz HPV, gehören zu einer großen Gruppe von Viren. Die meisten davon sind nicht gefährlich, wie z. B. diejenigen, die Warzen an Händen und Füßen verursachen. 30 bis 40 verschiedene Typen des Humanen Papillomvirus können jedoch Erkrankungen im Genitalbereich hervorrufen.
Was hat Gebärmutterhalskrebs mit Humanen Papillomviren zu tun?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Bestimmte HPV-Infektionen sind für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. Die so genannten Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 verursachen rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs. Die weiteren 30 Prozent werden durch andere HP-Virentypen hervorgerufen. Bei den meisten Frauen bekämpft das körpereigene Immunsystem die Viren und die Infektion heilt ohne Folgen aus. In einigen Fällen können die Humanen Papillomviren Zellveränderungen an der Schleimhaut des Gebärmutterhalses verursachen. Etwa ein bis drei Prozent dieser Zellveränderungen können sich über einen Zeitraum von ungefähr zehn Jahren zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln.
Werden durch HPV auch andere Krebsarten verursacht?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Ja. Bestimmte Hochrisiko-Typen des Humanen Papillomvirus können neben Gebärmutterhalskrebs auch andere Krebserkrankungen im Genitalbereich auslösen, zum Beispiel Krebs der Vagina (Scheide), der Vulva (äußere Geschlechtsorgane) oder des Anus (Darmausgang).
Schützt die Impfung auch vor Genitalwarzen?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Auch gegen Genitalwarzen kann man sich impfen lassen. Einer der beiden verfügbaren HPV-Impfstoffe kann auch vor den HPV-Typen 6 und 11 schützen, die für 90 Prozent aller Genitalwarzen verantwortlich sind.
Wie kann man sich mit Humanen Papillomviren anstecken und wie kann man sich schützen?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Obwohl HP-Viren weit verbreitet sind, wissen viele nicht über die Viren und die möglichen Folgen einer Infektion Bescheid. Humane Papillomviren werden über Hautkontakt, oft beim Geschlechtsverkehr oder auch schon beim Petting, von Mensch zu Mensch übertragen. Selbst ein Kondom kann eine Ansteckung nicht sicher verhindern, da sich die Viren in der gesamten Schamgegend befinden. Sicher vor einer Infektion mit den HPV-Typen 16 und 18 sowie ihren Folgen (Krebserkrankungen und ihre Vorstufen im Genitalbereich) kann die HPV-Impfung schützen. Einer der verfügbaren Impfstoffe kann auch vor den HPV-Typen 6 und 11 und ihren Folgen (Genitalwarzen) schützen.
Wer sollte sich gegen HPV impfen lassen?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Zurzeit empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) die HPV-Impfung für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren. Am besten wäre es, wenn alle Jugendlichen gegen HPV geimpft wären. Wenn sich möglichst viele Mädchen impfen lassen, wird der Übertragungsweg für HP-Viren erheblich unterbrochen und davon profitieren auch die Jungen.
Wie läuft die HPV-Impfung ab?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Der Impfstoff wird, wie bei den meisten Impfungen, in den Oberarmmuskel gespritzt. Diese Impfung muss drei Mal hintereinander (also einmal, dann nach etwa zwei Monaten und dann nach etwa vier Monaten ein weiteres Mal) erfolgen. Alle drei Impfungen müssen innerhalb eines Jahres gegeben werden.
Wie sicher ist die HPV-Impfung?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Es gibt zwei Impfstoffe, die vor der Infektion mit den beiden aggressivsten HP-Virentypen, die rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs und seinen Vorstufen verursachen, schützen können. Einer der beiden Impfstoffe kann zusätzlich vor zwei weiteren HP-Viren schützen, die Genitalwarzen auslösen. Die HPV-Impfstoffe wurden umfassend und erfolgreich auf ihre Sicherheit geprüft und bereits millionenfach verimpft. Wie bei allen Routine-Impfungen sind die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen Hautreaktionen an der Einstichstelle und eine vorübergehende Temperaturerhöhung als Reaktion des Körpers auf die Impfung.
Wie lange schützt die Impfung vor einer Infektion durch Humane Papillomviren?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung aus Skandinavien zeigen, dass die Impfung mindestens sieben Jahre einen Impfschutz bieten kann. Junge Skandinavierinnen wurden schon 2003 im Rahmen der Zulassungsstudie mit dem tetravalenten, das heißt gegen vier HPV-Typen gerichteten, Impfstoff geimpft. Sie haben somit einen Beobachtungsvorsprung gegenüber den Mädchen und Frauen, die die Impfung seit ihrer Einführung in Deutschland im Herbst 2006 erhielten. Auch nach sieben Jahren entwickelten die jungen Frauen keine HPV- 6, 11, 16 und 18 assoziierten Erkrankungen oder behandlungsbedürftige Vorstufen. Die Daten der teilnehmenden Frauen werden weiterhin ausgewertet, um die Dauer des Impfschutzes zu überprüfen.
Sind Humane Papillomviren für Männer ebenso gefährlich wie für Frauen?
- Dr. med. Friederike Gieseking: Humane Papillomviren können auch für Jungen und Männer gefährlich sein. Infektionen mit den Niedrigrisiko-HPV-Typen 6 und 11 können bei beiden Geschlechtern zu Genitalwarzen führen. Es gibt einen HPV-Impfstoff, der zusätzlich zu den HPV-Typen 16 und 18 auch vor diesen beiden HPV-Typen schützen kann.
Die HPV-Typen 16 und 18, die bei Frauen unter anderem zu Gebärmutterhalskrebs führen können, können bei Männern und Frauen Analkrebs auslösen. Studien zeigen, dass die HPV-Impfung vor Analkrebs schützen kann. In Amerika ist einer der beiden HPV-Impfstoffe schon zur Prävention von Analkrebs für Männer und Frauen zugelassen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
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